Ich musste meinen Tagesrhythmus ändern. Um 20:00 Uhr wurde es bereits dunkel und um 09:00 Uhr stand die Sonne hoch am Himmel. In Cervante schaffte ich es noch nicht früh aufzustehen. Was ich kurz nach dem Aufwachen mitbekam war ein “Fucking” hier und ein “Fucking” da. Meine Nachbarn zelebrierten Beziehungsstress. Ich dachte mir: “Kann mir zum Glück nicht passieren.” Ich schnürte mir meine Laufschuhe und ging Joggen.

Ich rannte einem einsamen Sandweg entlang, links und rechts grüne Pflanzen, auf der rechten Seite hinter den Pflanzen das blaue Meer. Der Himmel war wolkenlos und eine frische Briese blies mir ins Gesicht. Ich glaubte alleine zu sein.

Aber plötzlich wurde mein rechter Arm mit etwas Feuchtem bespritzt. Es sah aus wie Sonnencreme. War es etwa Schlangengift? Nein, es war ein Gruss von oben. Auch meine Mütze wurde von der Mövenscheisse nicht verschont.

Mit der Zeit lies der Wind nach. Gibt es kein Wind, dann kommen die Fliegen. Ob es nun die Fliegen waren, die aufkommende Hitze oder die Müdigkeit in den Beinen… keine Ahnung, jedenfalls stolperte ich über eine Stein und ich flog flach auf den Bauch und landete im Sand. Das Gesicht war gepielt, aber zum Glück blieb meine Brille verschont. Ich raffte mich auf und joggte weiter.

Plötzlich bekundete ich ein starkes Bedürfnis zu stoppen. Ich sah sie, sie sah mich, und weg war sie. Pechschwarz und mindestens einen halben Meter lang war die Schlange.

Müde, aber zufrieden kam ich beim Campingplatz an. Mein Nachbarpärchen kam mir glücklich, Hand in Hand entgegen. Manchmal braucht es nur ein bisschen Jogging um die Welt zu retten.

Es war 11:00 Uhr. Bevor ich weiter Richtung Norden reiste, musste ich tanken und die Windschutzscheibe putzen. Der Tank voll, die Scheiben sauber, bemerkte ich, dass meine Brille immer noch mit Sand beschmutzt ist. Ich nahm sie von meiner Nase, hielt sie auf Bauchhöhe um sie mit meinem T-Shirt zu reinigen, drehte mich um, machte eine leichte Vorwärtsbewegung und schon zerbrach die Brille in zwei Teile. Vor mir Stand ein schlanker Pfeiler, die Brille lag kaputt am Boden. Der Brillenrahmen als auch eines der Gläser waren zerbrochen. Nun stand ich da, blind in Westaustralien.

In der Schweiz überlegte ich mir noch, ob ich mir eine Reservenbrille anfertigen lassen sollte. Leider blieb es bei der Überlegung. Zum Glück hatte ich noch Kontaktlinsen. Die sollten für die nächsten 20 Tage reichen.

Mein nächstes Fernziel war der Kolbarri National Park. Auf dem Weg zur gleichnamigen Ortschaft stiess ich auf den Wegweiser “Horrocks”. Es lag nicht ganz am Weg, aber der Name war mir irgendwie sympathisch. Horror Rocks? Ich beschloss wild zu Campen und fand ein schönes Plätzchen direkt am Strand. Ich kochte mir was zu Essen und setzte mich danach an den Strand. Die Sonne versank langsam im Meer, ich spielte die Mundharmonika und trank ab und zu einen Schluck Rotwein. So ist das Leben!

Map Horrocks

Leave a Reply